Die Anwendung der Wertanalyse (WA) in österreichischen Unternehmen

Wertanalyse Dieser Bericht ist die Zusammenfassung der Ergebnisse einer empirischen Studie zur Wertanalyse-Anwendung in österreichischen Unternehmen.

von Walter Schwarz [*]



Dieser Artikel wurde im "Journal für Betriebswirtschaft" 3/1986 veröffentlicht; S.124-142.
Die Darstellung wurde dem Internet entsprechend angepaßt - der Text nur geringfügig geändert.
 

1. Die Ausgangssituation

Ende der 40er Jahre wurde in Amerika bei General Electric die Wertanalyse (WA) [1] entwickelt, die nach einer Inkubationszeit von zirka zehn Jahren auch in Europa und Japan bekannt wurde. Bei der seit 1963 auch in Österreich erfolgreich eingesetzten WA handelt es sich um eine Methode zum systematischen Untersuchen von Funktionsstrukturen mit dem Ziel einer Wertsteigerung des untersuchten WA-Objektes für den Hersteller, den Anwender und/oder die Allgemeinheit.

Das WA-Objekt als Gegenstand einer WA-Arbeit kann hiebei ein Erzeugnis, eine Dienstleistung, eine Herstellungsweise, ein Produktionsmittel, eine einzelne Tätigkeit oder eine Tätigkeitsfolge, ein Hilfsmittel, eine Konzeption u. a. sein.

Wird die WA bereits in der Konzeptions- und/oder Planungsphase eines WA-Objektes eingesetzt, handelt es sich um eine Wertgestaltung. Bei der Wertverbesserung hingegen wird die WA auf ein bereits bestehendes WA-Objekt angewendet.

Um die Wertsteigerung durch Senkung der Kosten und/oder Erhöhung der Funktionserfüllung und dadurch des Nutzens möglichst sicher und mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu erreichen, empfiehlt sich systematisches Vorgehen. Ein solches wird durch den Einsatz der WA nach ÖNORM A 6750 [2] erreicht, die als heuristische Methode zwar das Finden der optimalen Lösung nicht garantiert, aber die Wahrscheinlichkeit, ihr nahezukommen, wesentlich erhöht.

Die WA nimmt auf menschliche Eigenheiten Rücksicht und nützt konsequent Synergien durch interdisziplinäre Gruppenzusammensetzung und Anwendung von Regeln zur Steigerung schöpferischer Arbeit.

Die Gruppenarbeit wird durch einen sechsstufigen Arbeitsplan strukturiert und bewirkt dadurch systematisches und effizientes Vorgehen. Die funktionsorientierte Analyse des WA-Objektes und ganzheitliche Erfassung der Einflußgrößen führen zu neuen Betrachtungsweisen und dadurch zu neuen, ungewöhnlichen und oft bisher nicht in Erwägung gezogenen, praxisrelevanten Problemlösungen.

In einigen Unternehmen ist die WA bereits fester Bestandteil im Konzept unternehmerischen Handelns. In anderen wird sie fallweise oder, bedingt durch anfängliche Mißerfolge, nicht mehr angewendet. Diese Fehlschläge werden oft zu Unrecht der Methode selbst angelastet.

Den größten Anteil an österreichischen Unternehmen bilden jedoch jene, in denen bisher keine WA durchgeführt worden ist. Oft bestehen, wenn überhaupt, nur unklare Vorstellungen darüber, was sich hinter der in den letzten Jahren immer öfter verwendeten Bezeichnung WA verbirgt. Manche haben auch den Wert der Methode nicht erkannt. Japan hat ihn frühzeitig erkannt, denn es ist unbestritten, daß zumindest ein Teil des wirtschaftlichen Erfolges von Japan der konsequenten Anwendung der WA zuzuschreiben ist.

Die bisher mit WA weltweit erreichten Ergebnisse überzeugen. Angesichts der nachgewiesenen Einsparungen und anderer positiver Auswirkungen im Unternehmen, wie verbesserte Kommunikation und verstärkte Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und Abteilungen, sollte die WA mehr als bisher eingesetzt werden. Dafür aber war es notwendig, vorerst den Stand der WA-Anwendung in Österreich erstmals umfassend zu erheben und so die Grundlage für den breiteren Einsatz der WA durch Setzen geeigneter Maßnahmen und die weitere Entwicklung der Methode zu schaffen. Das war das Hauptziel einer empirischen Untersuchung, [3] die als Dissertation an der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt und Ende 1985 mit dem Rudolf Sallinger-Preis ausgezeichnet worden ist.

Ein weiteres Ziel der Arbeit war, den Nachweis für die Richtigkeit des aus der Praxis abgeleiteten Konzeptes der 3-M-Erfolgsfaktoren zu liefern. Diesem zufolge hängt der dauerhafte Erfolg bei Einsatz der WA in einem Unternehmen nicht nur von der

Aufgaben und Projekte Beherrschung der METHODE alleine ab, sondern auch von
Aufgaben und Projekte der aktiven Förderung und Unterstützung der WA-Aktivitäten durch das MANAGEMENT des Unternehmens und
Aufgaben und Projekte der bewußten Berücksichtigung MENSCHLICHEN VERHALTENS.

Beide Ziele wurden erreicht.

Darüber hinaus sollte diese Arbeit zur Steigerung des Interesses an der WA und Förderung ihrer Bekanntheit in Österreich beitragen und einzelne Forderungen zur Einführung, Durchführung und Beibehaltung der WA in einem Unternehmen mit aus den Ergebnissen ableitbaren Argumenten unterstützen.

In den folgenden Abschnitten werden das Untersuchungskonzept und die Ergebnisse zur Anwendung der WA in österreichischen Unternehmen näher dargestellt und dokumentiert.

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[*] Mag.Dr. Walter Schwarz, Innovationsberater der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, A-1040 Wien
[1] Als "Vater der WA" gilt Lawrence Delos MILES, der die WA konzipierte, weiterentwickelte und weltweit verbreitete. Er starb am 1. August 1985 im Alter von 81 Jahren; GOAD 1985.
[2] ON 1984, zur Einführung in die WA vgl. z. B. KOURIM 1968, ORTH 1968, BAIER 1969, MILES 1972, DEMMER 1970, VOIGT 1970, WIELAND 1972, CHRISTMANN 1973, JANSZEN 1973, VDI 1976, KORTE 1977, HOFFMANN 1979, STANGE 1980, VDI 1981, KANIOWSKY 1983, WOHINZ 1983 u. BRONNER 1985.
[3] Zur umfassenden Beschreibung der Untersuchung und ihrer Ergebnisse vgl. SCHWARZ 1985/1 eine Zusammenfassung der Ergebnisse enthält SCHWARZ 1985/2.


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